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Freitag
 16:00 - 16:30
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Vortrag

Beate Absalon

Kulturwissenschaftlerin am IFK, Workshopleiterin bei luhmen d'arc

Sexpositivity * Sexnegativity * Sexmoralism * Compulsory Sex

Sexpositivität lernte ich als eine Szene kennen, die sich auf die Fahnen schrieb, der Welt endlich klar zu machen, dass Sex etwas Gutes, Gesundes, Normales ist. Dass diese Welt zu sexnegativ ist, voller Tabus und Scham, weil sie Sex als etwas Schlechtes, Schmutziges, Sündiges behandelt. Das klang erstmal überzeugend und nach einer wichtigen Mission, hier die Fahnen mithochzuhalten, nicht nur beim Slut Walk.

Mit der Zeit fingen dann aber meine Fragen an. Zum Beispiel, ob Sexnegativität wirklich der Feind ist? Die perfiden Kräfte, die uns umgeben, sind ja gar nicht so sexrepressiv, sondern muntern permanent zum Sex auf. Sexpositivität als Kampfbegriff wurde diesen Kräften gegenüber plötzlich zu einer untauglichen Waffe, wenn sich Kreativitätsstress, Leistungsdruck und patriarchale Muster da klammheimlich reinschleichen, wo man doch eigentlich an einem anderen lustvollen Leben rumexperimentiert.

Ein hilfreicheres Begriffsinstrumentarium lernte ich ausgerechnet da kennen, wo mit Ideen wie ‚Prude Walks‘ und Umwertungen von ‚Sexnegativität‘ gespielt wurde, die mir lustigerweise viel sexpositiver erschienen als unhinterfragte ‚Sexpositivität‘.

In diesem Impulsvortrag werden zunächst mit Hinweisen zu den transfeministisch-radikalen Schriften Lisa Millbanks und sexkritischen Konzepten Kitty Strykers und Lisa Downings Vorschläge für Ausdrücke gemacht, die für politische Analysen einsatzbereiter sind, als die ermüdende sexpositiv/sexnegativ-Binarität, um im Anschluss Theorie mit Praxis zu verbinden und über unsere (erfreulichen und enttäuschenden) Erfahrungen in sexpositiven Szenen freiheraus ins Gespräch zu kommen.

Zur Person

Beate Absalon ist Doktorandin an der Kunstuni Linz und derzeit Junior Fellow am Internationalen Forschunszentrum Kulturwissenschaften in Wien. Ihre Forschungs- und Lehrtätigkeit im Bereich (audio-)visueller Kultur und kulturwissenschaftlicher Ästhetik widmet sich vor allem der Repräsentation ‘anderer’ Zuständen, wie dem Gebären, der Trauerarbeit, dem Schlaf, der Maskierung oder sadomasochistischer Praktiken.

Ihr Promotionsprojekt nimmt die gestalterischen Verfahren sexualbildender Medien in den Blick und fragt, was es bedeutet, wenn Sexualität als etwas verhandelt wird, das man haben, lernen und verbessern kann – oder als eine Art Refugium, in welchem mit eigensinnigen Lebensentwürfen experimentiert wird, die Unsicherheit, Verwundbarkeit und Widersprüche nicht ausschließen müssen. Aber wie sieht solche Sexualdidaktik aus? ( https://www.aesthetik.hu-berlin.de/de/andere-aufklaerung/ )

Im Kollektiv “luhmen d’arc” (www.luhmendarc.de) leitet sie Workshop zu Spielformen erfinderischer Intimität und Bodywork. Am liebsten befragt sie ‘kinky’ Praktiken und Szenen nach ihren merkwürdigen Qualitäten: Inwiefern sind sie albern, widerständig, creepy, heilsam, künstlerisch – oder auch nicht?

Ihre essayistischen Reflexionen über Spielformen kreativer Sexualität erscheinen auf www.luhmendarc.blog